Bauherrenaufgaben
11. November 2015BIM – eine neue Methode auch für den Industriebau
14. Juni 2016Bauwerke für die Industrie 4.0
Welche Entwicklungen wird der Industriebau vor dem Hintergrund einer sich grundlegend ändernden Produktion nehmen?
Die 1. industrielle Revolution umfasste den Einsatz von Wasserkraft und später von Dampfenergie. Aus den alten Manufakturgebäuden des 18. Jahrhunderts entwickelten sich allmählich Produktionshallen.
Die 2. industrielle Revolution schuf mit Hilfe der elektrischen Energie und dem gezielten Einsatz von Fließbändern und strikt durchgetakteten Produktionsverfahren die industrielle Massenproduktion. Die dafür erforderlichen Werkhallen wurden in jeder Hinsicht für die jeweilige Produktion optimiert.
Unter Industrie 3.0 versteht man gemeinhin die heutige automatisierte Produktion unter Einsatz von Elektronik und IT. Es entstanden die „menschenleeren“ Werkhallen, in denen Industrieroboter ihre Arbeiten verrichteten.
Aktuell ist der Begriff „Industrie 4.0“ in aller Munde. Zum Teil wird auch diese noch in der Zukunft liegende Entwicklungsstufe als vierte industrielle Revolution bezeichnet. Für das produzierende Gewerbe verbergen sich dahinter in erster Linie neue, konsequent elektronisch gesteuerte Fertigungsverfahren. Die kontinuierlich fortschreitenden Möglichkeiten der Digitalisierung und Automatisierung eröffnen schon heute bislang ungeahnte Produktionsabläufe.
Welche Werkhallen werden für die „Industrie 4.0“ benötigt? Welche Vorüberlegungen und Planungen müssen bereits heute für die Produktionsstätten der Zukunft durchgeführt werden?
Derzeit zeichnen sich dazu nur erste Trends ab.
Zunächst zu den Rahmenbedingungen:
Es wird davon ausgegangen, dass schon in wenigen Jahren Anlagentechnik, Auftragsverwaltung und Produktionssteuerung miteinander verschmelzen werden. Durch die Verbindung dieser Systeme kann auf Linienrechner komplett verzichtet werden. Auftragsänderungen, Variantenvielfalt oder erforderliche Prozessveränderungen werden wesentlich flexiblere Lösungen als heute hervorbringen.
Häufig wird als markantes Beispiel die Fertigung in Losgröße 1 genannt, d.h., es wird ein Werkstück in Auflage eins komplett nach den individuellen Wünschen eines Kunden gefertigt.
Hersteller, die sich diesen technischen Möglichkeiten gegenüber öffnen und eine „smart factory“ entwickeln, können zukünftig flexibler auf Kundenwünsche und auch auf enge Zeitvorstellungen reagieren. Innerhalb der Produktionskette werden dabei gezielt selbststeuernde Fertigungsverfahren angewandt. Die Werkstückträger erhalten einen Chip, so dass jedes Werkstück „weiß“, wer es ist, welche Form und welche Spezifikationen es erhalten soll und dies auch der Fertigungsmaschine mitteilt. Damit gelingt es, auch individuell angefertigte Produkte zum Preis einer Großauflage herzustellen und auch die Fertigungsreihenfolge völlig unterschiedlicher Werkstücke beliebig anzupassen. Dies stellt einen wesentlichen Schlüsselfaktor dar für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Binsenweisheit: Eine verlässliche Konkurrenzfähigkeit als Hochlohn-Industriestandort und als führender Fabrikausrüster lässt sich für Deutschland dauerhaft nur erzielen, wenn auf die modernsten Fertigungsmethoden zurückgegriffen wird.
Die RFID-Technik (= Identifizierung mittels elektromagnetischer Wellen) spielt eine Schlüsselrolle in der Produktion 4.0. Automatisches und berührungsloses Identifizieren und Lokalisieren von Werkstücken schafft erst die Voraussetzungen für moderne, selbststeuernde Verfahren. Das Internet der Dinge, Daten und Dienste (IoT) wird angewendet auf konkrete Produktionsabläufe.
Dies wird auch deutlich beim „intelligenten Service“. Die Industrie 4.0 versteht darunter die vorausschauende Wartung und Instandhaltung der Fertigungsanlagen. Produktionsanlagen werden bislang durch spezielles Personal meist in regelmäßigen Abständen oder im Störungsfall gewartet. Wenn Anlagen plötzlich ausfallen oder unerwartete Störungen auftreten, bedeutet dies Fertigungs-Verzögerungen und hohen Serviceaufwand. In der Industrie 4.0 ist die Anlage über das Internet mit einer Daten-Cloud verbunden. Die Anlage übermittelt Sensordaten auf die Cloud. Die Vielzahl an gesammelten Daten wird in Echtzeit analysiert. Bei Erreichen kritischer Werte wird ein konkreter Instandhaltungs- oder Serviceauftrag angelegt. Dieses integrierte System reduziert sowohl die Anzahl an unvorhergesehenen Maschinenausfällen als auch die Wartungskosten.
Baubedarf für Industrie 4.0
Was bedeutet „Industrie 4.0“ nun für die erforderlichen Werkhallen? Welche Baumaßnahmen ergeben sich aus den sich heute bereits abzeichnenden Anforderungen an eine zukünftige Fabrik?
Wesentliche Bedingung für die Einführung der Industrie 4.0 ist zunächst die Schaffung eines flächendeckenden schnellen Internets. Alle Bereiche der Planung und Produktion müssen unmittelbar an die Server angeschlossen sein. Den hauptsächlichen Kostenfaktor stellen dabei die z.T. aufwändigen Verlegearbeiten des Kabelnetzes dar. Auch der Mobilfunk wird zukünftig eine größere Rolle spielen bei der M2M (Machine to Machine)-Kommunikation.
Die Einführung cyber-physischer Produktionssysteme (CPPS) steckt derzeit noch in den Kinderschuhen.
Es zeichnet sich allerdings ab, dass „Industrie 4.0“ die folgenden Auswirkungen auf die heutigen Werkhallen haben wird:
- der physische Herstellungsprozess ändert sich zunächst nur geringfügig;
- die Umstellung der Produktion wird in aller Regel über einen längeren Zeitraum stattfinden, daher wird für eine Übergangsfrist auch noch eine unveränderte Hallenfläche und Hallenauslegung benötigt;
- je mehr dann die intelligente Sensorik greift, je durchgreifender die individuelle Steuerung die Produktionsabläufe beeinflusst, desto kleiner können die Werkhallen ausfallen;
- ein Minimalstand an erforderlicher Hallenfläche wird dann erreicht, wenn nicht mehr mehrere Produktionslinien an einem Ort vorgehalten werden müssen, weil die Werkstücke individuell auf der gleichen Produktionsstraße gefertigt werden können.
Pauschale Lösungen gibt es nicht. Jede Produktion benötigt auch in Zukunft individuell gestaltete Werkhallen, deren Auslegung sich ausschließlich an den Erfordernissen des jeweiligen Produzenten orientiert.
Das ibh Ingenieurbüro Heine ist bestrebt, Sie nach Kräften bei der Entwicklung Ihrer Produktionsstätte der Zukunft zu unterstützen!
Quellen:
Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF, Industrie 4.0, Innovationen für die Produktion von Morgen, Stand: April 2015